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Die Göttertragödie - Izanamis Ende

Die Göttertragödie - Izanamis Ende

Es hätte ja alles so schön weiter gehen können – doch schließlich gebar Izanami noch den Feuergott Kagutsuchi. Dieser verbrannte sie so stark bei der Geburt, dass Izanami vor Schmerzen weinte. Jeder Träne entsprangen weitere Gottheiten, doch dann erlag sie den Verletzungen. Izanami blieb nichts anderes übrig als in die japanische Unterwelt – Yomi no Kuni – dem Land der Finsternis zu gehen.

Izanagi war über den Tod seiner geliebten Frau so fassungslos und verzweifelt, dass er seinem Sohn Kagutsuchi den Kopf abschlug. Dem fließenden Blut entsprangen viele weitere Götter und wohl auch Ungeheuer. Unbeirrt folgte Izanagi seiner Gemahlin in das Totenreich und bat sie zurückzukehren, da noch nicht alle Länder vollendet waren. Izanami gab ihm zu verstehen, dass es zu spät zur Rückkehr sei, da sie bereits Speisen aus dem Totenreich zu sich genommen hatte. Doch um ihren Gatten zu trösten, versprach sie ihm, die Geister der Unterwelt um die Erlaubnis zur Rückkehr zu bitten. Izanagi sollte an dieser Stelle stehen bleiben und auf ihre Antwort warten. Er durfte ihr nicht folgen und schon gar nicht nach ihr sehen.

Izanagi wartete geduldig, doch irgendwann wurde ihm die Zeit zu lang und er bastelte aus den Zacken seines Haarkammes eine Fackel. Er folgte Izanami in die Dunkelheit und erblickte schließlich voller Entsetzen seine Frau, deren Körper schon verfaulte und bereits mit Maden übersät war. Aus den Maden entwickelten sich gerade die acht Donnergötter.

Izanagi wendete sich voller Schmerz und Ekel ab und startete seine Flucht aus der Unterwelt. Izanami war extrem zornig auf ihren Mann. Indem er ihr unerlaubt ins Totenreich gefolgt war, hatte er sie entehrt. Dass er sie aber auch noch in ihrem unhübschen Zustand erblickt hatte, ging nun – bei aller Liebe – wirklich zu weit. Sie jagte ihm die frisch geborenen Donnergötter und die Acht abscheulichen Weiber der Totenwelt hinterher.

Izanami im japanischen Totenreich Yomi no Kuni
Izanami im japanischen Totenreich - ihr Körper verfällt bereits

Izanagis Flucht aus der Hölle Yomi

Izanagi rannte durch den langen dunklen Tunnel, um vor den unerbittlichen Kriegern und Geistern von Yomi zu entkommen. Doch sie waren ihm dicht auf den Versen und hatten den Befehl, ihn zu töten. Izanagi rannte um sein Leben. Lose Steine hob er auf und warf sie nach den Geistern. Sofort verwandelten sich die Steine in Pfirsiche. Die Geister verharrten kurz, verspeisten die Pfirsiche und nahmen die Verfolgung wieder auf.

Fast hatten sie Izanagi schon eingeholt, als er seine Kopfbedeckung hinter sich auf den Boden warf. Sie wurde zu Trauben und wieder bleiben die Geister kurz stehen, um sie zu essen. Izanagi war schon fast am Ausgang, als die Geister ihn erneut fast eingeholt hatten. Diesmal warf er seinen Kamm auf den Boden und sofort schossen Bambussprossen aus dem Boden. Wieder ließen sich die Geister ablenken und knabberten erstmal genüsslich die zarten frischen Sprossen.

Izanami mutierte zu einer Rachedämonin und nahm die Verfolgung selber auf. Kurz vor der Schwelle des Todes und der Lebenden hatte sie Izanami fast eingeholt. Izanami drehte sich zurück zum Tunnel und sprang rückwärts aus dem Tor. Er packte sich schnell einen riesigen Felsbrocken, den nur tausend Männer heben konnten und versperrte damit gerade noch rechtzeitig den Eingang. Seit diesem Zeitpunkt  existierte dann eine dauerhafte Grenze zwischen Diesseits und Jenseits.

Izanami trommelte wütend mit den Fäusten gegen die Felswand und schrie rachsüchtig: "Jeden Tag werde ich tausend Menschen töten und in das Reich von Yomi bringen!"
Izanagi antwortete: "Und ich werde veranlassen, dass jeden Tag 1500 Kinder geboren werden".

Izanagi kehrte unversehrt in das Land der Lebenden zurück, doch Izanami wurde auf ewig im Reich der Toten eingeschlossen.

Izanagi schliesst das Tor zur japanischen Totenwelt
Izanagi schliesst das Tor zur japanischen Totenwelt

Auch das Leben eines Gottes geht weiter

Völlig schockiert und verzweifelt über die Geschehnisse taumelte Izanagi zu den Lebenden zurück. Er lief durch einen Orangenhain, umgeben von einer wunderschönen Kleewiese. Ein klarer Bach zerteilte schlängelnd die zarte Wiese. Izanagi hatte das dringende Bedürfnis sich den Schmutz und Gestank aus dem Totenreich vom Körper zu waschen und stieg in den kleinen Bach.

Schon während der erste Schmutz sich von seinem Körper löste, entstanden viele weitere Götter. Doch als Izanagi sich das linke Auge auswusch, entstand die bedeutende Sonnengöttin Amaterasu. Dem rechten Auge entsprang bei der Reinigung der Mondgott Tsuki-yomi. Nun war die Nase noch dran. Und Flutsch – mit einem kräftigen Schnauber – war der Unwettergott Susa-no-o geboren.

Izanagi freute sich riesig über seine neuen Kinder und kam dadurch besser mit dem Schmerz des Verlustes zurecht. Er teilte die Welt unter diesen drei Kindern auf: Amaterasu sollte die Herrscherin über die hohen Ebenen im Himmel werden und für das strahlende Licht auf der Erde sorgen. Tsuki-yomi sollte über das Land der Nacht regieren und die Dinge mit dem Mond regeln. In der Zukunft hat er seine Sache wohl sehr gut gemacht, denn er wird in den Mythen kaum erwähnt oder besonders hervorgehoben.

Das dritte Kind, Susa-no-o, sollte die Ozeane betreuen. Wahrscheinlich, weil er der jüngste war, vermisste er die verstorbene Mutter am meisten und fing an zu heulen und zu zetern. "Ich will nicht über die Ozeane herrschen! Ich will nach Yomi (die Hölle, das Totenreich) und dort Herrscher werden. Doch dort regierte inzwischen Izanami, als Göttin des Todes und des Verfalls. Susa-no-o dachte also nicht im Traum daran die Ozeane zu überwachen und bewegte sich aggressiv und ziellos immer irgendwo zwischen Himmel und Erde.